Ausgabe Juni, Juli August 2023

Die Taube - Gemeindebrief aus Lehnin

Foto und Text: Lotz

„Unser Herz schlägt draußen“

… so lautet ein Werbeslogan einer bekannten Outdoorfirma.
Sowie das Wetter und die Zeit es zulassen, begebe ich mich mit meinem Kajak auf das Wasser. Ich genieße das Sanft Getragenwerden, wenn die Wellen eines vorbeifahrenden motorisierten Bootes mein kleines Kajak in Bewegung bringen. Ich spüre, wie die Gedanken sich sortieren, sehe den blauen Eisvogel vor mir hereilen, spüre den beobachtenden Blick des Seeadlers hoch über mir, höre Friedrich Smetanas „Moldau“ im Ohr. Das Eintauchen des Paddels in das Wasser ist längst Routine, gleichmäßig, ruhig, seltsam entspannend. Mein Herz schlägt ruhig.

Die Taube - Gemeindebrief aus Lehnin

Eine Fahrt auf dem Wasser eröffnet mir neue Perspektiven. Eine Landschaft, eine Stadt aus der Wasserperspektive, sieht ganz anders aus als z.B. von einer Straße, einem Feldweg. Ich habe Einsichten in Grundstücke, Hinterhöfe, Wiesen oder bin mitten im Wald. Tiere stehen am Rand und stillen ihren Durst, Kinder winken mir, auf einer Brücke stehend, fröhlich zu. Ich bin zwar draußen, bekomme aber manche Einblicke in das Innere der Lebenswelt von anderen Menschen.

Schon immer sind Menschen vom Wasser fasziniert, steht das Element doch für Wandlung und Veränderung im Leben. Nichts ist beständig und bleibt.

So hat interessanterweise das Wasser keine eigene Gestalt. Z.B. nimmt es stets die Farbe seiner Umwelt an. Es färbt sich vom Boden her. Ist der Grund schlammig, erscheint es grau und dunkel. Am Meer sorgt der helle Strand für klares Wasser und wenn dann der Himmel noch freundlich blau ist, erstrahlt das Wasser in vielen Blautönen.

Am Horizont wird es durch das gleißende Sonnenlicht silbrig glänzend. Wasser verwandelt unsere Umwelt. Durch die Kapillaren gelangt das Wasser bis an das letzte Ende einer Pflanze, eines Baumes und läßt alles neu ergrünen. Wie freuen wir uns jedes Frühjahr nach der langen grauen Winterzeit neu daran.

Die Taube - Gemeindebrief aus Lehnin

Wasser durchflutet unseren Körper. Wir finden es in unserem Blut, wir schwitzen es aus. Es fließt aus unseren Augen bei Kummer und auch Freude.

Ja, das Wasser ist die Urkraft des Lebens. Wo es fehlt, erlischt das Leben. Drastisch wird uns das beim Spaziergang durch manche Wälder vor Augen geführt.

Auf das lebendige Wasser kommt es an. Wo Quellen sind, ist Leben. So ist es nicht verwunderlich, dass das Element seine Symbolkraft in vielen Religionen der Welt entfaltet. Reinigung, Vergebung, Leben.
Im Johannesevangelium lesen wir das Wort aus dem Munde Jesu, gesprochen zu der Frau am Brunnen: „Wer von dem Wasser, das ich ihm geben werde, trinken wird, der wird in Ewigkeit nicht dürsten, vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zu einer Quelle jenes Wassers werden, das in das ewige Leben mündet.“ (Joh 4, 13.14)

In diesem Jahr denkt unsrer Kirche wieder einmal neu über das Sakrament der Taufe nach. Neue Wege, neue Perspektiven werden erprobt. Die frohmachende Botschaft als lebendiges Wasser möchten wir neu entdecken lernen. Wir werden dazu unsere Kirchengebäude verlassen, um im Freien, auf, mit, im Wasser etwas von der verwandelnden Kraft zu spüren, zu erleben. Ich freue mich darauf! Bin neugierig! Ich grüße Sie herzlich mit dem Ruf der Paddler: Ahoi!

Ihr Superintendent S.-Thomas Wisch

Die Taube - Gemeindebrief aus Lehnin