Ausgabe Dezember 2023, Januar, Februar 2024

Die Taube - Gemeindebrief aus Lehnin

Foto und Text: Lotz

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1Kor 16, 14)

Paulus schreibt so an die Korinther. Am Ende des Briefes, eingebettet in Grüße, Organisatorisches und letzte zusammenfassende Ermahnungen steht dieser Satz. Ach ja, was für fromme Worte! Natürlich machen wir alles in, mit und aus Liebe… Natürlich? Nein, wenn ich diesen Satz nicht als Predigtrauschen nur mit einem halben Ohr höre, nicht als Sahnehäubchen der christlichen Botschaft karikiere, bin ich innerlich gleich auf den Barrikaden: ALLES soll ich in Liebe geschehen lassen? Bin ich etwa Jesus?

Nun will ich dieses Wort weder als Überforderung abtun noch als nur so Dahergesagtes ansehen. Und so geht es tatsächlich an mein Innerstes. Denn ich ahne, dass Paulus es ernst meint damit. Er versucht allerlei Streitigkeiten bei den Korinthern zu schlichten. Ein echter Liebesbrief ist er dennoch, dieser Erste Brief an die Gemeinde in Korinth. Allein das sogenannte Hohelied der Liebe in Kapitel 13 – es hat Kraft bis heute; es schenkt uns Visionen von Liebe, erweitert unseren menschlichen Horizont. Erweitert ihn dahin, sich für die göttliche Liebe zu öffnen. Das ist nun nichts, was man erzwingen oder erreichen kann in dem Sinne, dass man sie dann quasi hat, diese Liebe.

Die Taube - Gemeindebrief aus Lehnin

Dieses „.geschehe“ hat im griechischen Original viel deutlicher als in unserer Übersetzung einen Aspekt von Werden und Wachsen. Das finde ich sehr tröstlich, denn so ist diese Aufforderung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ nicht wie ein riesiger Berg vor mir, der mich in die Resignation treibt, sondern ein Anspruch, den ich in kleineren, menschenfreundlichen Schritten immer wieder angehen kann. So, wie die Forderung nach 10.000 Schritten am Tag, die ich in meinem Alltag niemals fertigbringe, mich deprimiert und resignieren lässt. Aber wenn ich mir vornehme, wenigstens die Hälfte zu schaffen, bin ich gleich viel motivierter, weil das zwar noch immer eine Herausforderung, dennoch viel näher an meinen Möglichkeiten ist. „Bei allem, was ihr tut, lasst euch von der Liebe leiten.“ – Diese Übersetzung aus „Hoffnung für alle“ gefällt mir deswegen auch ganz gut. Sie gibt mir Raum, Dinge zu lassen, in denen ich nicht von der Liebe geleitet bin. Das ist dann vielleicht so ähnlich, wie ‚nur‘ 5000 Schritte zu gehen – aber immerhin nicht stehen zu bleiben.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Ein Jahr lang will ich versuchen, mein Tun in Liebe werden und wachsen zu lassen. Mal sehen, womöglich schleift sich da ja etwas ein, eine Aufmerksamkeit, die auch über das Jahr 2024 hinaus reicht. Das will ich hoffen. Und vielleicht klappt es irgendwann besser mit der Liebe und mit den Schritten.

Ihnen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit, sowie einen guten Start in das Jahr 2024!

Herzlichst, Ihre Pfarrerin Almuth Wisch